Tacho-Trickser haben ausgedreht

Behördenspiegel
Sunday, 1. March 2009

Blitzsauber steht der Mercedes draußen vor der Garage Lächerliche 3000 Euro wollte der Verkäufer dafür haben – ein echtes Schnäppchen für ein zwölf Jahre altes Auto, das gerade einmal 70000 Kilometer auf dem Tacho hatte. Die böse Überraschung folgte erst ein paar Wochen, als plötzlich der Zahnriemen riss – der Motor war hin. Nach einem gründlichem Check und einigen Recherchen stand fest: der Wagen war bereits mehr als 130000 Kilometer gelaufen. Nach Schätzungen von Experten werden in Deutschland rund 30 Prozent der Gebrauchtwagen mit falschen Laufzahlen verkauft, die Dunkelziffer ist unbekannt. Doch Vorsicht: Wo Betrüger bisher ein leichtes Spiel hatten, sollten sie ab sofort besser auf der Hut sein. Denn mit dem neu entwickelten Tacho-Spion kann der Käufer jetzt kinderleicht überprüfen, ob die Kilometerangabe auf dem Tacho dem Motorverschleiß auch wirklich entsprechen. Stimmt der Kilometerstand? Hat das Auto wirklich nur 55.000 Kilometer „auf der Uhr“ oder fehlt vielleicht noch eine Eins vor der Zahl? Seit Jahrzehnten plagen sich Gebrauchtwagenhändler und Gutachter mit dieser Frage herum. Der Grund: „Schon mit relativ geringem Einsatz lässt sich der Tachostand zurückdrehen und das verjüngte Auto erzielt auf dem Gebrauchtwagenmarkt einen wesentlich höheren Preis“, sagt Kfz-Meister Christian Adler vom ADAC. Wenn echte Profis am Handwerk waren, sei der Nachweis nur sehr schwer.

Bisher keine sicher Methode um den Tachodreh aufzudecken

„Gibt es keine amtlichen Prüfberichte, keine Reparaturrechnungen oder fehlt der Service-Aufkleber im Fahrzeug, ist generell Vorsicht geboten“, weiß Adler. Dazu kommt, dass der Dreh am Tacho noch nicht einmal verboten ist. Denn rein rechtlich gesehen, darf jeder mit seinem Tacho machen, was er will. Allein unter dem Stichwort „Tachojustierung“ zeigt jede Internet-Suchmaschine den nächsten Experten. „Allerdings muss ein Käufer von der tatsächlichen Laufleistung informiert werden“, sagt Adler. „Erst wenn dies nicht passiert, kann man eindeutig von Betrug sprechen.“ Natürlich versuchen auch die Autohersteller, die Manipulation zu erschweren. Mit modernster Technik versuchen sie, die Kodierungen für die Tachoanzeige auf mehreren Code- und Speicherebenen im Auto zu verteilen. Doch kaum ist das jeweils aktuelle Modell auf dem Markt, haben die Computerexperten die drei oder vier „geheimen“ Kodierungsstellen binnen weniger Minuten geknackt. „Der Käufer eines Gebrauchtwagens sollte deshalb auch weiterhin zur Einschätzung der tatsächlichen Fahrleistung möglichst viele unterschiedliche Bewertungskriterien heranziehen“, rät Adler. „Eine sichere Methode, mit welcher der genaue Kilometerstand bestimmt werden kann, gibt es jedoch nicht.“ – Zumindest bisher, denn mit dem Tacho-Spion, der aus einer Kooperation zwischen der Richard Chambers GmbH und der Firma H.A.P.S. Dienstleistungen entstand, können Betrüger kinderleicht überführt werden.

Technik kommt ursprünglich aus der Industrie

Die Technik für den Tacho-Spion stammt ursprünglich aus der Industrie: Der UltraschallSpion der Richard Chambers GmbH spürt zum Beispiel Druckluft oder Prozessgasleckagen, undichte Ventile und mechanische Schäden selbst an schwer erreichbaren Stellen auf. Defekte geben auf einer Frequenz von 40 Kilohertz charakteristische Geräusche von sich. Diese Geräusche kann der Spion mit Hilfe eines hoch entwickelten Ultraschallmikrofons in für menschliche Ohren hörbare Töne umwandeln. Die Töne unterscheiden sich je nach Art der Defekte voneinander. Es ist daher genau erkennbar, ob es sich bei der angezeigten Störung um ein Gas- oder Luftdruckleck oder eine elektrische Entladung handelt. Sogar die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA setzt zwei UltraschallSpione auf der ISS ein, denn die Sensoren des Gerätes sind so empfindlich, dass sie selbst kleinste Leckagen aufspüren.

„Die Technik ist beeindruckend“

Michael Schmutzenhofer, Geschäftsführer des Augsburger Unternehmens H.A.P.S. Dienstleistungen, wendet das Ultraschall-Diagnosegerät schon seit Jahren an. Für die Industrie und verschiedene Firmen bietet seine Firma einen Service für Leckortung, Lagerprüfung oder Verschleißmessungen mit dem Spion an. „Irgendwann kam ich, Autonarr, auf die Idee, dass doch auch der Verschleiß von PKW-Motoren mit dem Gerät zu messen sein muss“, sagt der Maschinenbautechniker. Das war 2002. Mittlerweile ist aus der Idee ein Gerät zum Anfassen geworden, mit hoch komplizierter Technik, die jedoch sehr leicht zu handhaben ist, und eigens dafür entwickelter Auswertungssoftware. Nur das Grundgerät – der Ultraschall-Spion – ist dasselbe. „Die Technik ist beeindruckend“, sagt auch Richard Chambers, Geschäftsführer der Richard Chambers GmbH in Heimstetten. „Es wurden die Motoren sehr vieler Fahrzeugtypen gemessen, anhand derer dann bestimmte Geräusche identifiziert wurden.“ So habe man eine Referenztabelle mit Richtwerten erstellen können, in der bei einer Motorverschleißmessung jetzt nachgeschaut werden kann, welches Geräusch ein Motor mit einem bestimmten Alter und einer bestimmten Laufleistung machen sollte. „Stimmt dieses mit dem Geräusch aus der Tabelle nicht überein oder gibt es eine zu große Abweichung, ist etwas faul“, sagt Chambers.

Anschaffung rechnet sich in vielerlei Hinsicht

Die Kosten des Tacho-Spions belaufen sich inklusive Mehrwertsteuer auf rund 9500 Euro. Gedacht ist das Gerät vor allem für Gebrauchtwagenhändler, große Autohäuser, Gutachter, Firmen mit eigenem Fuhrpark oder Firmen, die Privatleasing mit Kilometerlimit anbieten. „Die Anschaffung rechnet sich schon bei jeder Reparatur, die man machen kann, bevor ein wirklicher Defekt auftritt und das Fahrzeug im schlimmsten Fall liegen bleibt“, erklärt Schmutzenhofer. Darüber hinaus überprüft der Tacho-Spion auch undichte Windschutzscheiben, Unterdruckschläuche, Zündkabel oder Wasserschläuche und findet selbst einen defekten Hydoströßel bei laufendem Motor in rund zwei Minuten. Das Lokalisieren von Löchern in den Reifen und die einfache Überprüfung der Bremskraftverstärker oder Kurbelwellenlager sind ebenfalls kein Problem. „Mit dem Tacho-Spion können sie Werkstätten demnächst horrende Summen für allerhand verschiedene Diagnosegeräte sparen“, sagt Chambers. „Allein mit dem Tacho-Spion können sie meist in wenigen Minuten die verschiedensten Schäden an einem Auto identifizieren.“ Große Vorteile bietet das System zudem als Überwachungswerkzeug für Flottenmanager und für Werkstätten, die die Motoren ihrer Kunden regelmäßig überprüfen wollen. Denn wenn man dem Kunden die Entwicklung der Abnutzung in seinem Motor konkret zeigen und dokumentieren kann, macht das auch die Empfehlungen des jeweiligen Kfz-Meisters viel glaubwürdiger. „In der Industrie werden mit dem UltraschallSpion jährlich mehrere Millionen Euro gespart“, sagt Chambers. „Die Geldsumme, die Autohändler pro Jahr mit dem Tacho-Spion sparen können, dürfte locker achtstellig sein.“ Deshalb planen Schmutzenhofer und Chambers in den kommenden Monaten verschiedene regionale Seminare zu veranstalten, damit Interessierte auch die Möglichkeit haben, das Gerät in der Praxis kennen zu lernen. Kontakt: www.Tacho-Spion.de